Die drei Phasen der
endzeitlichen "Ernte" Gottes

 

 

Die dreifache Errettung des Gottesvolkes  14, 1-20

Die Errettung der Gläubigen aus den Wirren der Endzeit wird sich nach Gottes Vorsehung in drei zeitlich und logisch aufeinander folgenden Phasen bzw. Stufen vollziehen. Zunächst erfolgt das Darbringen der Erstlinge (V. 1-5) sodann das Einbringen der großen Ernte (V. 6-16) und schließlich die Nachlese (V. 17-20), die in diesem Kapitel als Weinernte geschildert wird.


Exkurs 13: Die Erntebestimmungen im dritten Mosebuch

Ein tiefergehendes Verständnis der oben erwähnten dreifachen Stufenfolge ist nur mit Kenntnis der im Alten Testament von Gott angeordneten Erntebestimmungen möglich. Das Volk Israel empfing diese ausgefeilten Anordnungen bereits während der Wüstenwanderung. Sie enthalten prophetische Hinweise ersten Ranges und weisen die folgende Dreiteilung auf, die auch im Aufbau von Kap. 14, 1-20 vorliegt.

1. Das Fest der Erstlinge (3.Mo 23, 9-14)

In dem in der Überschrift bezeichneten Abschnitt geht es um die Darbringung der Erstlingsgarbe der Getreideernte sowie des Brandopfers eines fehlerlosen einjährigen Lammes. Beide Handlungen sollten am Tage nach dem Sabbat, der auf das Passafest folgte, durchgeführt werden.

Die Erstlingsgarbe aus Gerstenähren wurde von den Priestern schon vor dem Sabbat der Passawoche aus den Feldern, die dem Bach Kidron nahelagen, auswahlweise Ähre für Ähre gepflückt. Darauf wurde sie feierlich vor dem Brandopferaltar im Vorhof des Tempels niedergelegt, um am nächsten Tag dort liegenzubleiben und schließlich am Tag darauf vor dem Herrn "geschwungen" zu werden.

Das Brandopfer des fehlerlosen geschlachteten Lammes weist in unverkennbarer Symbolik auf den kommenden Erlöser hin, der durch sein freiwilliges Opfer die Sünden aller Menschen auf sich nehmen würde. Gleiches gilt für das Verfahren mit der Erstlingsgarbe, die ebenfalls das Heilswerk Christi treffend umschreibt; wurde er doch in der Passawoche nach seiner Gefangennahme aus dem Garten Gethsemane, der nahe am Bach Kidron lag, zum Hohenpriester gebracht und schließlich zum Tode verurteilt, so daß sein Leichnam - wie auch die Erstlingsgarbe - in den Staub der Erde gelegt wurde und am Sabbat ruhte, um dann am Ostermorgen die Fesseln des Todes ein für allemal abzulegen und sich seinem himmlischen Vater im neuen Leben seiner leiblichen Auferstehung darzustellen. So war Christus beides: das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, und die heilige Erstlingsgarbe, der die "große Ernte" aller zur ewigen Seligkeit Auferstehenden folgt, die aus allen Völkern der gesamten Menschheit in die "Scheune des Himmels eingebracht" wird. Das alttestamentliche Fest der Erstlinge ist somit ein Typus der Ereignisse der Karwoche und des Osterfestes.

 

2. Das Wochenfest  (Die Erstlinge der Weizenernte: zwei Brotlaibe für das Schwingopfer)  (3.Mo 23, 15-21)

Vom Tag der Darbringung der Erstlingsgarbe an wurden fünfzig Tage gezählt bis zum Tag nach dem siebten Sabbat. An diesem fünfzigsten Tag sollte nach der Getreideernte ein weiteres Erstlingsfest gefeiert werden, und zwar das sogenannte "Fest der Wochen". Im Wesentlichen waren zu diesem Anlaß folgende Opfer darzubringen: als Speisopfer zwei gesäuerte Brotlaibe von feinstem Mehl, die ähnlich wie die Erstlingsgarbe vor Gott "geschwungen" wurden, dann als Brandopfer sieben einjährige Schafe sowie ein junger Stier und zwei Widder.

Genau zu dem Zeitpunkt, als im Tempel die zwei Brotlaibe, die Erstlingsfrüchte der Weizenernte, vor Gott "geschwungen" wurden, wurde auch die erste Gemeinde der Gläubigen vor Gott "hingestellt". Die Brotlaibe versinnbildlichen somit den Zustand der "Erstlinge" der Kirche, die - erfüllt mit dem Heiligen Geist und den Kräften der zukünftigen Welt - fähig sind, allen, die es annehmen, das wahre Brot des Lebens zu spenden. Als "Erstlinge" bildeten sie aber nur den Anfang der großen Schar, die im Laufe der folgenden Jahrhunderte aus allen Völkern der Erde gesammelt werden sollte.

Das Brot, mit dem Gott alljährlich geehrt wurde, bestand aus bestem Getreide, d.h. aus Weizenmehl, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß Brot kein unmittelbares Naturprodukt, sondern die mühsam eingebrachte, gedroschene, von der Spreu getrennte, gereinigte und schließlich für den menschlichen Nahrungsbedarf zubereitete Frucht der Erde ist. So hat sich auch die Schar der Gläubigen geistlich zubereiten lassen bzw. ist zu weiterer Zurüstung bereit, um fortwährend Menschen zu gewinnen, denen das wahre Brot des Lebens ausgeteilt werden soll.

Bedeutungsvoll ist ferner, daß das Brot entgegen der sonst üblichen Regel Sauerteig enthielt. Damit wird angedeutet, daß es sich um schwache, sterbliche und zum Bösen versuchliche Menschen handelt, die des Auferstehungslebens noch nicht teilhaftig geworden sind, denn Sauerteig, der noch vom alten Brot stammt und schnell den neuen Teig durchsäuert, ist ein Bild der Sünde, die in kurzer Zeit alle menschlichen Lebensbereiche zu erfassen und verunreinigen vermag.

Das jüdische Wochenfest ist somit ein deutlicher Typus des christlichen Pfingstfestes. In nachbiblischer Zeit wurde das Wochenfest vor allem zur Erinnerung an die Gottesoffenbarung und Gesetzgebung durch Mose am Sinai gefeiert. Auch diese Verknüpfung findet in der christlichen Deutung des Wochenfestes eine Entsprechung: durch die Herabkunft des Heiligen Geistes trat ein Gesetz in Kraft, vermöge dessen die Weisungen Gottes fortan nicht mehr nur auf den steinernen Tafeln des Alten Bundes, sondern auf den fleischernen Tafeln des Herzens lebender Menschen geschrieben sind. Das mosaische Gesetz hatte zwar die Kraft, die Sünden aufzudecken, es vermochte jedoch nicht, sie gänzlich zu überwinden. Nicht so das "Gesetz" des Neuen Bundes, denn durch den Heiligen Geist ist die "Liebe in die Herzen der Menschen ausgegossen."

Die sieben Brandopferschafe deuten auf die Gemeinschaft vieler gereinigter und geheiligter Menschen hin, an deren Spitze schon in der frühen Zeit der Kirche sieben Repräsentativgemeinden standen, nämlich die in den sieben Sendschreiben erwähnten Gemeinden Kleinasiens, an die das Buch der Offenbarung adressiert ist. Während der Stier auf das priesterliche Hirtenamt hinweist, symbolisieren die beiden Widder die Dienstverrichtungen der Diakonen.

Somit sind die Bestimmungen des jüdischen Wochenfestes eine Prophetie, die bereits Jahrhunderte vor der Geburt Christi in erstaunlich klaren Bildern auf die Gründung der Kirche am Pfingsttage hinzielt. Die Sammlung des neutestamentlichen Bundesvolkes ist die Fortsetzung der "großen Menschenernte Gottes", die mit der Auferstehung und Himmelfahrt des "Erstlings Christus" ihren Anfang nahm, und sie wird auch - in ihrer Gesamtheit - der Lohn der Arbeit und Mühe Jesu sein, die erst dann zum Abschluß gebracht sein werden, wenn in den Tagen des Endes die in dreifacher Stufenfolge sich vollziehende Ernte abgeschlossen sein wird.

 

3. Die Nachlese (3.Mo 23, 22)

Dem Volk Israel wird noch die Anweisung gegeben, daß der Eigentümer eines Feldes nicht selbst Nachlese halten darf; sondern er soll die "Restbestände" der Ernte für die Armen und die Angehörigen anderer Völker übriglassen. Diese "fremdbestimmte Nachlese" ist ein Hinweis darauf, daß nach der Vollendung der Kirche sowohl für die Juden als auch für die Heiden noch ausreichende Gnade vorhanden sein wird, wenngleich sie an den der Kirche gegebenen Verheißungen keinen unmittelbaren Anteil haben werden. In der Anordnung der Nachlese liegt somit die Verheißung, daß in der Zeit des Tausendjährigen Reiches auch Juden und Heiden den Segen Gottes in einem noch nie dagewesenen Maße erfahren werden.

Die alttestamentlichen Erntebestimmungen umfassen also den gesamten Heilsplan Gottes von Christi Auferstehung bis zur Gründung des Milleniums, das die Übergangsstufe zum vollendeten Reich Gottes bilden wird. Die hier dargelegte dreifache Stufenfolge findet aber neben der beschriebenen Gesamtschau noch eine besondere Anwendung auf den Prozeß der Vollendung der Kirche in den letzten Tagen vor Christi Wiederkunft. Sagt er doch selbst, daß Weizen und Unkraut bis zur Ernte wachsen sollen. Die Ernte aber ist "das Ende der Welt". Der Begriff, den Luther mit "Welt" übersetzte, steht hier nicht allgemein für die Menschheit oder die Sphäre des Irdischen, sondern für einen - so wörtlich - "Äon", d.h. für einen bestimmten Zeitabschnitt, der im vorliegenden Kontext die Jahre zwischen dem ersten und zweiten Kommen Christi umfaßt. Am Ende dieser "Weltzeit", d.h. dieses heilsgeschichtlich definierten Zeitabschnittes, wird demnach Christus seine "spezielle Ernte", auf die im folgenden näher einzugehen sein wird, einbringen, und zwar wird dies unter Beachtung der in 3.Mo 23, 9-22 beschriebenen Bestimmungen geschehen.

(...)

Auch für die, die nicht entrückt wurden, ja selbst für ehemalige Anhänger des Antichristen wird es bis zur Wiederkunft Christi noch eine Möglichkeit zur Umkehr geben: Die "Nachlese" am Ende der siebenjährigen Drangsal  Kap. 14, 17-20